Im überaus gut besuchten Musikzimmer der Diplomatischen Akademie fand am 23.4.2012 der Vortrag von Christa Müller "Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt" statt. Imgard Salzer gegrüßte die zahlreichen BesucherInnen im Namen des Forum Umweltbildung und stellte die Veranstaltungsreihe "Food for Tought" vor. "Gärtnern hieß, was Mutti tat. Gardening ist Avantgarde." zitiert Peter Iwaniewicz vom Lebensministerium in seinen einleitenden Worten aus der Zeitung "Zeit" und stellt die Frage, wem der öffentliche Raum eigentlich gehört und wie dieser genutzt werden soll und kann.
Christa Müller beginnt ihren Vortrag mit der Geschichte über den Umzug des Nachbarschaftsgartens Rosa Rose in Berlin. Dieser wurde 2004 in einem grünarmen Stadtteil in Ostberlin gegründet und von den Menschen der Umgebung für Gemüseanbau und gemeinsame Aktivitäten jahrelang gut genutzt - bis es zur Polizeilichen Räumung kam, nachdem ein Investor mit der Bauplanung für die Fläche begann. Auf selbstgebauten Lastenfahrrädern, die scherzhaft "Asylwagen" getauft wurden, begann eine Umzugsparade aller ausgegrabenen Pflanzen quer durch Berlin. Man zog sich nicht still zurück, sondern gestaltete den Umzug als Statement und Demonstration. Auch der Hamburger Dachgarten "Gartendeck" auf einem Parkhaus ist in den Medien stark vertreten, sowie der "Prinzessinnengarten" in Berlin. Einen Unterschied zwischen dem Gärtnern in der Kleingartensiedlung und dem neuen Urban Gardening sieht Christa Müller in dieser Lust an der Performance - man will sich und neue Bilder zeigen, sich künstlerisch betätigen und politisch engagieren.
Eine neue Landlust ist am entstehen - eine Vermischung von ländlichem und städtischem Leben. Etwas selber zu machen ist wieder In, als Teil des individuellen Ausdrucks und gegen die zunehmende Fremdbestimmtheit. Damit wird der Garten zum Repräsentationsort und zu einem Raum für Entfaltung. Der Garten ist auch ein Treffpunkt, ein Ort für soziale Begegnung, wie dies früher in den Städten beispielsweise noch die "Tante Emma" Läden waren. Seit dem Jahr 2007 leben erstmals weltweit mehr Menschen in Städten, als auf dem Land. Christa Müller sieht in dem neuen Verständnis von Stadt und Urbanität einen Trend. Man versucht dort Freiräume für die Natur zu schaffen, wo man lebt - in den Städten. Nachbarschaften werden vermehrt kultiviert. Die Trennung von Körper und Geist soll wieder rückgängig gemacht werden, die Verbindung von Körper und Geist und somit das körperliche Arbeiten ist wieder angesagt. In den USA ist auch die Knappheit von frischen Lebensmitteln - dort gibt es bereits in manchen Städten sogenannte "food deserts", wo man in einem weiten Gebiet gar keine Möglichkeit mehr hat, frische Lebensmittel zu kaufen - ein Grund für die Entstehung von Gärten in der Stadt. Für die Städte in Europa gilt auch der Gedanke des "open source" - noch freie Flächen sollen nicht weiter verbaut werden, sondern freie Flächen bleiben.
Urban Gardening ist ein öffentlich sichtbares, inszeniertes und medial präsentiertes Zeichen der Subsistenz, der Selbsterhaltung und somit auch Teil des Trends zum Selbermachen. Man spricht bereits von einer Bewegung des "D.I.Y.", des do-it-yourself. In den USA sind derzeit hausgemachte Marmelade ein "must-have" und Ökokisten, mit Gemüse aus der Stadt sind In. Neben gemeinschaftlichen Gärtnern, gibt es derzeit auch einen Trend zum gemeinsamen stricken, nähen etc. Christa Müller erwähnt in diesem Zusammenhang die "Rausfrauen", ein urban knitting Projekt in München. Man will die Dinge wieder vom Anfang bis zum Ende verstehen, Industrieprodukte entzaubern, um auch gegen die "geplante Obsoleszenz" (wo bei der Produktion bewusst Fehler eingebaut werden, um die Lebensdauer von Produkten zu verkürzen und so den Konsum zu erhöhen) selbst vorgehen zu können und allgemein Zugang zu Informationen.
Da die Epoche der billigen Lebensmittel bald vorbei sein wird, wie Experten berichten, steigt die Bedeutung des Urban Farming. In München ist derzeit ein neuer Stadtteil für 20.000 BewohnerInnen in Planung, der unter dem Namen "Agropolis" schon vorab mit Möglichkeiten des Erntens geplant wurde. Angedacht ist auch eine Straßenbahnlinie, die das Gemüse zum Viktualienmarkt bringt, wo es direkt aus dem Wagon heraus verkauft werden könnte. Als weitere Projekte erwähnt Christa Müller den "Allmende-Kontor-Garten" am Tempelhofer Feld in Berlin, der schon lange besteht und etabliert ist; das Projekt von "mundraub", einer Plattform für Obstallmende und "o'pflanzt is!", ein Gemeinschaftsgarten in München, der nur mit Recycling-Materialien arbeitet und dem, was bereits vorhanden ist.
Nach dem Vortrag von Christa Müller stellt David Stanzel den Verein Gartenpolylog und seine Tätigkeiten vor. In der anschließenden Fragerunde werden einige aktuelle Projekte in Wien bekannt gegeben (ein Gemeinschaftsgarten am Arenbergplatz ist am Entstehen und das "Sprungbrett Aspern - playing Ökodorf) und über die Landbesetzung des Boku-Garten in Jedlersdorf am 17. April, dem "Tag des kleinbäuerlichen Widerstandes" berichtet. Das Gelände befindet sich im Besitz der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), wurde bisher von der Boku als Versuchsgarten genutzt und soll nun einer Wohnhausanlage weichen. Dort, in der Gerasdorferstraße 105, sind jeden Mittwoch um 17h Treffen mit Interessierten und Kaffee & Kuchen geplant.
Abschließend kommt die Frage, ob und was man in Gärten lernen kann. Mit der Antwort, dass Gärten jedenfalls Lernorte sind - man kann lernen, dass man mit seinen Händen mehr tun kann als nur tippen, dass es ein Kommen und Gehen, ein Leben und Verenden gibt, ein soziales Miteinander gut möglich ist, dass Gastfreundschaft, wie sie in den Interkulturellen Gärten oft vorkommt, sehr wärmend ist und dass man mit weniger Materiellen auskommen kann, beendet Christa Müller ihren sympathischen Vortrag.
Christa Müller beginnt ihren Vortrag mit der Geschichte über den Umzug des Nachbarschaftsgartens Rosa Rose in Berlin. Dieser wurde 2004 in einem grünarmen Stadtteil in Ostberlin gegründet und von den Menschen der Umgebung für Gemüseanbau und gemeinsame Aktivitäten jahrelang gut genutzt - bis es zur Polizeilichen Räumung kam, nachdem ein Investor mit der Bauplanung für die Fläche begann. Auf selbstgebauten Lastenfahrrädern, die scherzhaft "Asylwagen" getauft wurden, begann eine Umzugsparade aller ausgegrabenen Pflanzen quer durch Berlin. Man zog sich nicht still zurück, sondern gestaltete den Umzug als Statement und Demonstration. Auch der Hamburger Dachgarten "Gartendeck" auf einem Parkhaus ist in den Medien stark vertreten, sowie der "Prinzessinnengarten" in Berlin. Einen Unterschied zwischen dem Gärtnern in der Kleingartensiedlung und dem neuen Urban Gardening sieht Christa Müller in dieser Lust an der Performance - man will sich und neue Bilder zeigen, sich künstlerisch betätigen und politisch engagieren.
Eine neue Landlust ist am entstehen - eine Vermischung von ländlichem und städtischem Leben. Etwas selber zu machen ist wieder In, als Teil des individuellen Ausdrucks und gegen die zunehmende Fremdbestimmtheit. Damit wird der Garten zum Repräsentationsort und zu einem Raum für Entfaltung. Der Garten ist auch ein Treffpunkt, ein Ort für soziale Begegnung, wie dies früher in den Städten beispielsweise noch die "Tante Emma" Läden waren. Seit dem Jahr 2007 leben erstmals weltweit mehr Menschen in Städten, als auf dem Land. Christa Müller sieht in dem neuen Verständnis von Stadt und Urbanität einen Trend. Man versucht dort Freiräume für die Natur zu schaffen, wo man lebt - in den Städten. Nachbarschaften werden vermehrt kultiviert. Die Trennung von Körper und Geist soll wieder rückgängig gemacht werden, die Verbindung von Körper und Geist und somit das körperliche Arbeiten ist wieder angesagt. In den USA ist auch die Knappheit von frischen Lebensmitteln - dort gibt es bereits in manchen Städten sogenannte "food deserts", wo man in einem weiten Gebiet gar keine Möglichkeit mehr hat, frische Lebensmittel zu kaufen - ein Grund für die Entstehung von Gärten in der Stadt. Für die Städte in Europa gilt auch der Gedanke des "open source" - noch freie Flächen sollen nicht weiter verbaut werden, sondern freie Flächen bleiben.
Urban Gardening ist ein öffentlich sichtbares, inszeniertes und medial präsentiertes Zeichen der Subsistenz, der Selbsterhaltung und somit auch Teil des Trends zum Selbermachen. Man spricht bereits von einer Bewegung des "D.I.Y.", des do-it-yourself. In den USA sind derzeit hausgemachte Marmelade ein "must-have" und Ökokisten, mit Gemüse aus der Stadt sind In. Neben gemeinschaftlichen Gärtnern, gibt es derzeit auch einen Trend zum gemeinsamen stricken, nähen etc. Christa Müller erwähnt in diesem Zusammenhang die "Rausfrauen", ein urban knitting Projekt in München. Man will die Dinge wieder vom Anfang bis zum Ende verstehen, Industrieprodukte entzaubern, um auch gegen die "geplante Obsoleszenz" (wo bei der Produktion bewusst Fehler eingebaut werden, um die Lebensdauer von Produkten zu verkürzen und so den Konsum zu erhöhen) selbst vorgehen zu können und allgemein Zugang zu Informationen.
Da die Epoche der billigen Lebensmittel bald vorbei sein wird, wie Experten berichten, steigt die Bedeutung des Urban Farming. In München ist derzeit ein neuer Stadtteil für 20.000 BewohnerInnen in Planung, der unter dem Namen "Agropolis" schon vorab mit Möglichkeiten des Erntens geplant wurde. Angedacht ist auch eine Straßenbahnlinie, die das Gemüse zum Viktualienmarkt bringt, wo es direkt aus dem Wagon heraus verkauft werden könnte. Als weitere Projekte erwähnt Christa Müller den "Allmende-Kontor-Garten" am Tempelhofer Feld in Berlin, der schon lange besteht und etabliert ist; das Projekt von "mundraub", einer Plattform für Obstallmende und "o'pflanzt is!", ein Gemeinschaftsgarten in München, der nur mit Recycling-Materialien arbeitet und dem, was bereits vorhanden ist.
Nach dem Vortrag von Christa Müller stellt David Stanzel den Verein Gartenpolylog und seine Tätigkeiten vor. In der anschließenden Fragerunde werden einige aktuelle Projekte in Wien bekannt gegeben (ein Gemeinschaftsgarten am Arenbergplatz ist am Entstehen und das "Sprungbrett Aspern - playing Ökodorf) und über die Landbesetzung des Boku-Garten in Jedlersdorf am 17. April, dem "Tag des kleinbäuerlichen Widerstandes" berichtet. Das Gelände befindet sich im Besitz der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), wurde bisher von der Boku als Versuchsgarten genutzt und soll nun einer Wohnhausanlage weichen. Dort, in der Gerasdorferstraße 105, sind jeden Mittwoch um 17h Treffen mit Interessierten und Kaffee & Kuchen geplant.
Abschließend kommt die Frage, ob und was man in Gärten lernen kann. Mit der Antwort, dass Gärten jedenfalls Lernorte sind - man kann lernen, dass man mit seinen Händen mehr tun kann als nur tippen, dass es ein Kommen und Gehen, ein Leben und Verenden gibt, ein soziales Miteinander gut möglich ist, dass Gastfreundschaft, wie sie in den Interkulturellen Gärten oft vorkommt, sehr wärmend ist und dass man mit weniger Materiellen auskommen kann, beendet Christa Müller ihren sympathischen Vortrag.